Verena Konrad


Verena Konrad ist Kunsthistorikerin und lebt in Vorarlberg. Dort leitet sie seit 2013 das Vorarlberger Architektur Institut in Dornbirn und beschäftigt sich mit ihrem Team damit, wie Bildung dazu beitragen kann, Baukultur zu stärken, Experimente in die Architektur zurückzuholen und Themen der gesellschaftlichen Transformation über Räume zu denken.

Geboren wurde Verena Konrad in Oberösterreich, wo sie auch aufwuchs und in der Stadt Linz die Schule besuchte. An der Universität Innsbruck studierte sie anschliessend Kunstgeschichte, Geschichte und katholische Theologie.

Neben ihrer Arbeit beim Vorarlberger Architektur Institut ist Verena Konrad als freie Kunsthistorikerin, Kuratorin und Autorin tätig und ist und war Mitglied zahlreicher Beratungsgremien sowie Lehrbeauftragte an verschiedenen Universitäten.

Warum denken Sie sind Sie so erfolgreich?

Als Eigenschaft würde ich die Neugier herausgreifen. Ich bin ein Mensch, der einfach neugierig ist und gerne Dinge erfährt. Auch staunen können gehört ein Stück weit dazu. 

Die schönsten und tiefsten und wahrhaftigsten Momente in meiner Biografie, waren, wenn mich Dinge überrascht haben und ich so einen Aha-Moment hatte, gefolgt von Staunen und Erkennen. 

Und ich bin eine Zweiflerin. Ich erlebe das nicht als Belastung. Aber ich bin mir meiner Sache nie so wirklich sicher. Und das führt dazu, dass ich natürlich weitergehe. Ich möchte Sicherheit gewinnen und der Zweifel treibt mich an.

Es ist auch ein großer Wille da, etwas für andere zu tun. Eine Empathie, spüren, was der andere brauchen könnte. Und das geht dann mit Wissensvermittlung einher. 

Das ist in meinem Beruf sicher wichtig, Bei jedem Gespräch geht es darum, sich auf jemanden einzustellen. Und zu überlegen, wer sitzt mir gegenüber, nicht nur selber zu sprechen, sondern auch zuzuhören und ein bisschen das Sensorium aufzumachen, auch im Gesicht des Gegenübers zu lesen.

Eine Folge der Empathie ist, immer zu überlegen, welche Wirkung könnte das, was ich tue oder sage, auf einen anderen Menschen haben. Aber auch wissen, dass ich natürlich meine Beschränkungen habe. Ich spüre auch nicht alles. Und es ist mir auch nicht alles zugänglich. Aber ich glaube, die Offenheit ist wichtig, vom Gegenüber dann auch annehmen zu können. das habe ich nicht verstanden, das muss man mir noch mal anders erklären. Oder auch mal anzunehmen, dass es Dinge gibt, wo man selber keinen Beitrag leisten kann.

Was inspiriert Sie?

Für mich ist es tatsächlich das Lesen.

Also, gerade wenn es darum geht, sich ein bisschen selber zu inspirieren, ist es für mich einfach wichtig, die Gedanken anderer Menschen nachzuvollziehen. Man kann nicht den ganzen Tag miteinander sprechen und man kommt da auch nicht immer auf den Punkt, d.h. ich bemühe mich wirklich viel zu lesen und querfeldein. Ich bin durch meine ursprüngliche Biografie, in der ich Kunstgeschichte, Geschichte und Theologie studiert habe, mit philosophischer Literatur ganz gut vertraut. Das ist für mich sehr wichtig, da ein Stück auch dranzubleiben. Ich lese viele soziologische Studien, also ich versuche, das Thema der gesellschaftlichen Relevanz immer wieder aufzumachen und ich lese ganz viel Belletristik. Ich würde sagen, die sprachlichen Bilder mit den visuellen Bildern, die ich dann wahrnehme, die überlagern sich. Als Kuratorin und als Kunsthistorikerin ist ja Interpretation für mich etwas Wichtiges. Und ich bemühe mich einfach meine Sprache oder überhaupt eine Sprache generell zu einem wichtigen Aspekt meiner Arbeit zu machen. Und das ist das eine und das andere ist ein Stück weit mit dem Herzen mitgehen.

Bildung hat eben ganz viel damit zu tun, wer man sein möchte.

Und ob man auch bereit ist, in die eigene persönliche Weiterentwicklung zu investieren. Und das nicht nur auf einer theoretischen Ebene, wenn es um Expertise geht, sondern ganz stark auch, wenn es um Persönlichkeitsentwicklung geht. Also die größte Expertise hilft nichts, wenn ich sie nicht vermitteln kann. Ich will ja wirksam werden mit dem, was ich tue und ich glaube Menschen, die einfach eine gewisse Souveränität erlangen, denen es nicht nur um die eigene Größe geht, sondern die anderen beim Wachsen helfen wollen, die sind unendlich viel wirksamer als alle anderen.

Haben Sie Vorbilder?

Ich denke, dass ich einerseits so ein Ideal im Kopf habe, das ist keine konkrete Person und diesem Ideal folge ich ganz stark nach. Und ich kann es ganz schwer benennen, es ist ein Gefühl. Es ist eine weibliche Figur, die ich im Hinterkopf habe, die ganz wahrhaftig ist, große Souveränität und Stärke hat und ein großes Gespür für die Dinge.

Ich habe dieses Ideal in Aspekten schon in vielen Menschen wiedergefunden, das sind dann Menschen, die mich inspirieren. Und das kann ganz unterschiedlich sein.

Eine ganz wichtige Person in meiner Biografie war auch meine Firmenpatin. 

Sie hat mir von ihrer Zeit geschenkt. Sie wohnte im Nachbarhaus und ich konnte da immer hin. Sie war eine Erwachsene, außerhalb meiner engsten Familie, der ich Dinge anvertrauen konnte.

Und ich glaube, dass das ganz wichtig ist in einem Leben. Dinge aussprechen zu können, laut denken zu können, und jemanden zu haben, in einem geschützten Rahmen, der nicht wertet, aber Dinge trotzdem hinterfragt und eigene Positionen hinzufügt. Und es waren für mich wirklich Momente des Wachsens und des Türöffnens mit ihr.

Ich hatte zudem eine Freundin, 15 Jahre älter, die mir als junges Mädchen am Land auch Türen geöffnet hat.

Da hat sich eine Perspektive im Denken für mich aufgetan, was das Thema Gerechtigkeit, und soziale Gerechtigkeit betrifft. Und sie hat mich, das hat auch mit sozialer Gerechtigkeit zu tun, auf das Thema Geschlechterdifferenz sehr sensibilisiert.

Und ich würde sagen, dass mich das bis heute ganz stark prägt, auch in der Wahrnehmung meiner Position als Frau in einem sehr stark von Männern dominierten Feld. Das hat mir ein großes Selbstbewusstsein gegeben. Aber auch vermittelt, dass es wichtig ist, dass ich selber darauf schaue, meine Position wahrzunehmen und zu verteidigen. Es hat mich enorm ermutigt.

Geben Sie Ratschläge?

Nein, das käme mir vermessen vor, denn es würde bedeuten, ich masse mir an, etwas besser zu wissen. Das glaube ich nicht. Aber ich teile gerne meine Erfahrungen, wenn es erwünscht ist.

Was ist Ihr Utopia?

Meine Utopie hat ganz stark mit dem Bereich der Bildung zu tun und mit dem der sozialen Gerechtigkeit. Man kann die beiden Themen gut kombinieren, indem man sagt, es geht um Bildungsgerechtigkeit. Nämlich darum, dass mit unterschiedlichen Startbedingungen im Leben die Möglichkeit gegeben wird, einen Weg zu beschreiten, der nicht von vornherein vordeterminiert ist durch Herkunft. Dafür engagiere ich mich ganz stark. Das ist auch der Grund, warum alle unsere Angebote im Institut, das ich leite, kostenlos sind. Wir möchten nicht, dass jemand ausgeschlossen wird durch eine finanzielle Barriere. Besonders dann, wenn es um Kinder und Jugendliche geht.

Und meine Utopie ist es, mit meinen Mitteln anderen Menschen zu ermöglichen sich mitteilen zu können und gehört zu werden. Denn es gibt nichts Wichtigeres und Schöneres, als die inneren Bilder ins Bewusstsein zu holen und zu teilen, um dann gute Entscheidungen möglich zu machen. Oder auch, um diesen ganzen inneren Reichtum wirklich erfahren zu können. Auch im Wort Persönlichkeitsbildung steckt das Wörtchen Bild drinnen.

Ein Selbstbild oder ein Menschenbild ein Bild von etwas zu haben, und dieses innere Bild beschreiben zu können und dadurch mit anderen zu teilen zu können, das ist mein Utopie.

«Das Wissen wird nicht weniger, wenn ich es teile, im Gegenteil. Und es macht sehr viel Freude, wenn man andere Menschen anstecken kann mit der eigenen Begeisterung.» 

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